Verein Journalismus und Wissenschaft

Kritische Gedanken zum Kampf um Hegemonie

Wie läßt sich die Deu­tungs­ho­heit einer Gesell­schaft errin­gen? Und wie kann die kul­tu­rel­le Hege­mo­nie dann gefes­tigt wer­den, damit eine patrio­ti­sche Par­tei wie die AfD durch­re­gie­ren kann, statt sich durch­wurs­teln zu müs­sen? Um die­se Fra­gen zu beant­wor­ten, kon­sul­tiert der neu­rech­te Theo­re­ti­ker Bene­dikt Kai­ser den ita­lie­ni­schen Kom­mu­nis­ten Anto­nio Gramsci.

Kai­ser schlägt dabei einen fun­da­men­ta­len Kurs­wech­sel in der Meta­po­li­tik vor. Wäh­rend der His­to­ri­ker Karl­heinz Weiß­mann Anfang der 2000er-Jah­re die Losung aus­gab, sich auf die Hör­sä­le zu kon­zen­trie­ren, nimmt Kai­ser eine Aus­wei­tung der Kampf­zo­ne vor. Pla­ka­tiv for­mu­liert: Meta­po­li­tisch erfolg­reich ist, wer den Kampf um die Her­zen gewinnt. Dazu müs­se man – ange­lehnt an Gramsci – den „All­tags­ver­stand“ durch­drin­gen. Zugleich will Kai­ser die Feh­ler des Rechts­po­pu­lis­mus über­win­den. Ihm wirft er vor, die Ursa­chen der mul­ti­plen Kri­sen unse­rer Gesell­schaft zu ver­ken­nen und sich nur auf ober­fläch­li­che Sym­pto­me zu stürzen.

Herrschaftsfreier Diskurs als Schimäre

In den zurück­lie­gen­den Jahr­zehn­ten sind die Uni­ver­si­tä­ten – noch mehr als schon zuvor – zu links­grü­nen Bio­to­pen mit einem immer gerin­ge­ren Bezug zur Wirk­lich­keit gewor­den. Die letz­ten kon­ser­va­ti­ven Wis­sen­schaft­ler wur­den aus den Uni­ver­si­tä­ten ver­trie­ben oder distan­zie­ren sich von ihren eige­nen, frü­he­ren Positionen.

Ein „Marsch durch die Insti­tu­tio­nen“, wie das den 68ern gelang, erscheint vor die­sem Hin­ter­grund als unrea­lis­ti­sches Wunsch­den­ken. Aus­nahms­los alle Rech­ten müs­sen – ob sie wol­len oder nicht – eine „Par­al­lel-Polis“ (Vaclav Havel) bau­en. Denn: Der angeb­li­che „herr­schafts­freie Dis­kurs“ von Jür­gen Haber­mas war nur eine Schi­mä­re, um die tat­säch­li­chen Macht­ver­hält­nis­se zu ver­schlei­ern. Die Lin­ken haben also ein fal­sches Spiel gespielt. Sie haben „herr­schafts­frei­er Dis­kurs“ gesagt, aber in Wirk­lich­keit eine kul­tu­rel­le Hege­mo­nie errich­tet, die es dem Geg­ner ver­bie­tet, das Spiel­feld der Mas­sen­me­di­en, Uni­ver­si­tä­ten und Kul­tur­ein­rich­tun­gen auch nur zu betreten.

Im Schnell­durch­lauf: Aus der Oppo­si­ti­on her­aus bau­te die SPD eige­ne Zei­tun­gen auf. Über eine für Otto­nor­mal­bür­ger undurch­sich­ti­ge Betei­li­gungs­struk­tur wur­den die­se Blät­ter im Lau­fe der Zeit mit eta­blier­ten Medi­en ver­schmol­zen. Die­ses auf­ge­bau­te kul­tu­rel­le und öko­no­mi­sche Kapi­tal nutzt das lin­ke Lager geschickt, um einer­seits alle Lebens­be­rei­che zu infil­trie­ren und ande­rer­seits den poli­ti­schen Geg­ner fern­zu­hal­ten und mas­sen­wirk­sam zu stigmatisieren.

Linke mit linken Strategien schlagen?

Die zuge­ge­ben nahe­lie­gen­de Stra­te­gie bestün­de nun dar­in, es von rechts ähn­lich zu ver­su­chen. Dar­auf läuft Bene­dikt Kai­sers Ansatz hin­aus. Zwei Pro­blem­be­rei­che kris­tal­li­sie­ren sich dabei her­aus: Zunächst stellt sich die Fra­ge, ob es klug ist, die eige­ne Angriffs­stra­te­gie vor­ab zu ver­ra­ten. Das gilt ganz beson­ders für Kai­ser, da er nicht nur ein frei­er, unab­hän­gi­ger Publi­zist ist, son­dern sich als Bera­ter von AfD-Par­la­men­ta­ri­ern bewußt dar­über sein muß, vom Ver­fas­sungs­schutz und dem poli­ti­schen Geg­ner als „Beob­ach­tungs­ob­jekt“ geführt zu wer­den. Dar­auf auf­bau­end ist dann zu klä­ren, ob die kul­tu­rel­le Hege­mo­nie zur DNA rech­ten Den­kens paßt.

In sei­nem Buch Wie Deutsch­land tickt (2025), das Kai­ser auch inten­siv rezi­piert hat, schreibt der Mei­nungs­for­scher Her­mann Bin­kert bezug­neh­mend auf Gramsci: „Zu einer plu­ra­lis­ti­schen Gesell­schaft – und sie allein ist dem frei­heit­li­chen Ver­fas­sungs­staat ange­mes­sen – passt das Stre­ben nach kul­tu­rel­ler Hege­mo­nie nicht. Dar­aus erge­ben sich dann auch die Maß­stä­be, anhand derer spe­zi­fi­sche Gefah­ren für die Mei­nungs­frei­heit erkannt wer­den kön­nen und abge­wehrt wer­den sollten.“

Wür­de der Ver­fas­sungs­schutz wirk­lich Grund­rech­te schüt­zen und nicht etwa die Regie­rung, müß­te er also – Bin­kert zufol­ge – gegen die Hege­mo­nie­be­stre­bun­gen aller poli­ti­schen For­ma­tio­nen vor­ge­hen. Das lie­fe eben­falls auf Gesin­nungs­prü­fun­gen hin­aus und ist abzu­leh­nen. Der Ver­fas­sungs­schutz hat sich gefäl­ligst auf mili­tan­te Bestre­bun­gen zu beschrän­ken. Trotz­dem gibt Bin­kert die Ant­wort auf unse­re ers­te Fra­ge: Es ist unter aus­schließ­lich stra­te­gi­schen Gesichts­punk­ten eine Dumm­heit, die eige­nen Hege­mo­nie­be­stre­bun­gen offen zu arti­ku­lie­ren. Geschick­ter dürf­te ein Lügen­stra­te­gem a la Haber­mas sein.

Rechtsstaat oder rechter Gesinnungsstaat?

Erst die kul­tu­rel­le Hege­mo­nie, dann die poli­ti­sche Herr­schaft und danach eine Ver­än­de­rung der Geset­ze und der Jus­tiz? Kai­ser begrün­det die­sen Drei­schritt damit, „dass es eine soge­nann­te Neu­tra­li­tät der Insti­tu­tio­nen nicht gibt“ und „viel­leicht nie gege­ben hat“. In der Are­na der Öffent­lich­keit fin­det ein Tau­zie­hen zwi­schen Lin­ken und Rech­ten statt. Das stimmt! Wer bei die­sem Tau­zie­hen nach­gibt und sei­ne Posi­ti­on in vor­aus­ei­len­dem Gehor­sam zu „Mit­te-rechts“ abschwächt, wird in die geg­ne­ri­sche Hälf­te gezogen.

Heißt das aber zugleich, daß ein Gesin­nungs­staat unaus­weich­lich ist? Heißt es, daß die Reak­ti­on auf den Links­staat nicht in einem Rechts­staat, son­dern einem rech­ten Gesin­nungs­staa­tes zu suchen ist? Das Grund­ge­setz ent­hält an sich gute Vor­keh­run­gen gegen den Gesin­nungs­staat, die aller­dings mehr und mehr miß­ach­tet wer­den: Daß jedes öffent­li­che Amt aus­schließ­lich nach Befä­hi­gung und nicht nach Ideo­lo­gie zu ver­ge­ben ist, zählt genau­so dazu wie die Beto­nung, Par­tei­en dürf­ten an der poli­ti­schen Wil­lens­bil­dung nur „mit­wir­ken“.

Sobald die­se Par­tei­en den Staat domi­nie­ren und damit eine Hege­mo­nie aus­üben, machen sie sich ihn zur Beu­te und errich­ten eine Tyran­nei der Wer­te. Stört uns das nur, weil wir auf der fal­schen Sei­te ste­hen? Oder gibt es grund­sätz­li­che Erwä­gun­gen dage­gen vor­zu­tra­gen? Die Hege­mo­nie in der Öffent­lich­keit errin­gen zu wol­len, ist grund­ver­schie­den von einer Hege­mo­nie im sozia­len Sys­tem des Staa­tes. In der Öffent­lich­keit darf und soll um Wer­te gekämpft wer­den, im Staat nicht.

Politische Justiz

Wohin die Ver­mi­schung bei­der Sphä­ren führt, hat der Poli­to­lo­ge Phil­ip Manow gezeigt. Er wirft der aktu­el­len „libe­ra­len Demo­kra­tie“ vor, sie sei dazu über­ge­gan­gen, einen „Kranz an Wer­ten“, wie z.B. „Kli­ma­schutz“ und die „LGBTQ*-Rechte“, ver­bind­lich fest­zu­schrei­ben. Jeder, der die­se von der Öffent­lich­keit in den Staat trans­fe­rier­ten Wer­te ableh­ne, lau­fe Gefahr, von Gerich­ten dafür sank­tio­niert zu wer­den. Dies gehe bis hin zu Par­tei­ver­bo­ten. In der „libe­ra­len Demo­kra­tie“ stel­len sich damit die Regie­rung und die Gerich­te viel­fach gegen das Volk. Manow ahnt, daß die­se Demo­kra­tie­ver­kür­zung auf Dau­er jede Gesell­schaft zer­rei­ßen muß und die Wut „gegen die da oben“ immer wei­ter anschwillt.

Erstaun­li­cher­wei­se taucht die­ses Pro­blem schon bei Gramsci auf. In sei­nen Gefäng­nis­hef­ten brach­te er die „Schwä­che des Libe­ra­lis­mus“ auf den Begriff „Büro­kra­tie“. Die­se Büro­kra­tie brin­ge eine „Kas­te“ her­vor. Die „Gewal­ten­tei­lung“ sehe daher wie folgt aus: Auf der einen Sei­te ste­he das gewähl­te Par­la­ment und die damals noch freie Zivil­ge­sell­schaft. Auf der ande­ren Sei­te nei­ge der „Hege­mo­nie­ap­pa­rat“ der libe­ral-büro­kra­ti­schen Kas­te an der „emp­find­lichs­ten“ Stel­le dazu, die Jus­tiz zu ver­ein­nah­men und „Will­kür­ak­te“ min­des­tens zu dul­den. Gramsci wuß­te, wovon er sprach. Vor Gericht ver­tei­dig­te er sich übri­gens damit, sei­ne poli­ti­schen Akti­vi­tä­ten sei­en kei­nes­wegs „kon­spi­ra­tiv“ gewe­sen. Er habe immer dazu gestan­den, Kom­mu­nist zu sein. Es half ihm nichts. 1928 ver­ur­teil­te ihn ein faschis­ti­sches Son­der­ge­richt auf­grund sei­ner poli­ti­schen Arbeit zu 20 Jah­ren Haft.

Gera­de mit Blick auf das Leben von Gramsci ist das Modell der Hege­mo­nie für den Staat abzu­leh­nen. Ein frei­heit­li­cher Staat darf sei­ne poli­ti­schen Geg­ner nicht ein­sper­ren, sofern sie fried­lich agie­ren. Bene­dikt Kai­ser ist zuzu­stim­men, wenn er die Neu­tra­li­tät der Staats­die­ner in Fra­ge stellt. Leh­rer, Poli­zis­ten, Rich­ter und die Mit­ar­bei­ter des Finanz­am­tes han­deln sehr wohl vom Zeit­geist beein­flußt. Kon­ser­va­ti­ve mit einem skep­ti­schen Men­schen­bild dürf­ten zudem auf den natür­li­chen Oppor­tu­nis­mus der Staats­die­ner hinweisen.

Die Rolle der NGOs

Der ent­schei­den­de Punkt ist nun aber zu sagen: Bis hier­her und kei­nen Mil­li­me­ter wei­ter! Zum Macht­er­halt ist es aus frei­heit­li­cher Per­spek­ti­ve legi­tim, die­sen natür­li­chen Oppor­tu­nis­mus still­schwei­gend zu nut­zen. Sobald der Staat jedoch damit beginnt, bestimm­te Tei­le der Zivil­ge­sell­schaft steu­er­geld­fi­nan­ziert von Nicht-Regie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen de fac­to zu Regie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen umzu­bau­en, ist die­se Gren­ze über­schrit­ten. Bereits an die­ser Gren­ze ent­schei­det sich die Fra­ge, ob wir es mit einem Rechts­staat oder einem Gesin­nungs­staat zu tun haben.

Hin­zu kommt: Je stär­ker die „ideo­lo­gi­schen Staats­ap­pa­ra­te“ (Lou­is Alt­hus­ser), zu denen steu­er­geld­fi­nan­zier­te NGOs und Ver­ei­ne zu zäh­len sind, des­to schwä­cher die Inno­va­ti­ons­kraft einer Gesell­schaft. Das gilt für Wirt­schaft und Wis­sen­schaft glei­cher­ma­ßen. Es sei in die­sem Zusam­men­hang dar­an erin­nert, was der „Streit der Fakul­tä­ten“ (Imma­nu­el Kant, 1798) aus­lös­te. Indem sich die Phi­lo­so­phie gegen die staats- und kir­chen­na­hen „Wis­sen­schaf­ten“ durch­setz­te, erleb­te Deutsch­land eine ein­zig­ar­ti­ge Blü­te des Geis­tes und resul­tie­rend aus dem frei­en Den­ken die Geburt etli­cher neu­er Fach­ge­bie­te. Ohne die freie Phi­lo­so­phie hät­te sich somit auch nicht der soge­nann­te MINT-Bereich ent­wi­ckeln können.

Wahrheitsmonopole ruinieren die Wirtschaft

Odo Mar­quard, der von Kai­ser als Nega­tiv­bei­spiel eines intel­li­gen­ten, aber wir­kungs­lo­sen Libe­ral­kon­ser­va­ti­ven genannt wird, ver­trat die in der Tat wenig „sexy“ klin­gen­de Mei­nung, man müs­se sich auch ein­mal mit „zweit­bes­ten Mög­lich­kei­ten“ und „Vize­lö­sun­gen“ begnü­gen, weil sie bes­ser sei­en als über­heb­li­che Uto­pien, die sich auf lan­ge Sicht als fata­le Fehl­schlüs­se erwei­sen. Aus die­ser Über­le­gung läßt sich ablei­ten, daß der Staat gut bera­ten wäre, weder selbst ein Wahr­heits­mo­no­pol zu bean­spru­chen noch sich dazu ver­füh­ren zu las­sen, die For­de­run­gen der gesell­schaft­li­chen Mei­nungs­füh­rer umzu­set­zen, son­dern durch größt­mög­li­che Neu­tra­li­tät einen Wett­be­werb der Ideen zu organisieren.

Die selbst­mör­de­ri­sche Kli­ma­po­li­tik zeigt, was pas­siert, wenn ein Staat den Hege­mo­ni­al­mäch­ten der ver­öf­fent­lich­ten Mei­nung blind folgt, ohne den Taschen­rech­ner anzu­schmei­ßen. Uto­pi­sche Poli­tik wird immer wie­der an mathe­ma­ti­schen, öko­no­mi­schen und natur­wis­sen­schaft­li­chen Gesetz­mä­ßig­kei­ten schei­tern. Hof­fent­lich füh­ren die öko­no­mi­schen Schä­den die­ser Poli­tik wenigs­tens dazu, die Mei­nungs­füh­rer­schaft der „Kli­ma­ret­ter“ bre­chen zu können.

Was für die Kli­ma­be­we­gung gilt, läßt sich auch auf das über­tra­gen, was Bene­dikt Kai­ser als ideo­lo­gi­sches Pro­gramm vor­schwebt: In sei­nem Buch über den Soli­da­ri­schen Patrio­tis­mus von 2020 for­der­te er unter ande­rem, „Schlüs­sel­in­dus­trien“ dem „Pro­fit­stre­ben“ zu ent­zie­hen und in die öffent­li­che Hand zu über­füh­ren. Mit die­sem Pro­gramm wäre die Indus­trie­f­lucht aus Deutsch­land ver­mut­lich noch zügi­ger von­stat­ten gegan­gen als ohne­hin schon. Eine AfD in Regie­rungs­ver­ant­wor­tung hät­te sich mit der Umset­zung eines sol­chen Pro­gramms inklu­si­ve der Ver­staat­li­chung von BMW, VW und Mer­ce­des ins eige­ne Knie geschos­sen und wäre dann ver­mut­lich für immer erledigt.

Bene­dikt Kai­ser ist sich sicher, daß die AfD nur eine ein­zi­ge Chan­ce erhält, um es rich­tig zu machen. Was er des­halb fürch­tet, ist Harm­lo­sig­keit und eine zu gro­ße Kom­pro­miß­be­reit­schaft gegen­über der von Lin­ken jahr­zehn­te­lang domes­ti­zier­ten Mit­te – nament­lich gegen­über CDU und CSU. Die­se Sor­ge ist berech­tigt, solan­ge sich die AfD schwer damit tut, eige­ne Visio­nen für die Zukunft zu for­mu­lie­ren. Ideo­lo­gi­sche Sack­gas­sen, die den öko­no­mi­schen Nie­der­gang beschleu­ni­gen, sind aber min­des­tens genau­so gefähr­lich für den Erfolg einer Partei.

Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens“

Was sich von Gramsci ler­nen läßt, ist die kon­se­quen­te Aus­rich­tung an den Nöten der ein­fa­chen Bür­ger und der kla­re Blick nach vorn. Gramscis „Pes­si­mis­mus des Ver­stan­des, Opti­mis­mus des Wil­lens“ ist für den poli­ti­schen All­tag bes­ser geeig­net als Oswald Speng­lers „Opti­mis­mus ist Feig­heit“. Kai­ser begibt sich somit in einen Selbst­wi­der­spruch, wenn er an die aus Frank­reich stam­men­de „ori­gi­nä­re Neue Rech­te“ der 1960er- und 70er-Jah­re anknüp­fen will, um einen „Euro­päi­schen Sozia­lis­mus“ zu revitalisieren.

Die Suche nach einem Drit­ten Weg zwi­schen Glo­bal­ka­pi­ta­lis­mus und Kom­mu­nis­mus kann man übri­gens auch etwas deut­scher ange­hen: Jakob Fug­ger, Rudolf Die­sel und Alfred Mül­ler-Arm­ack ste­hen dafür bei­spiels­wei­se parat. Sie alle haben gezeigt: Erst muß Wohl­stand erwirt­schaf­tet wer­den. Erst danach las­sen sich Maß­nah­men des sozia­len Aus­gleichs über­haupt realisieren.

Zum Stich­wort­ge­ber der Rech­ten konn­te Gramsci nur wer­den, weil ihre Welt­an­schau­ung einen ent­schei­den­den Man­gel auf­wies. Kon­ser­va­ti­ve und Rech­te glaub­ten, Gemein­schafts­den­ken kön­ne nur aus der Gemein­de her­aus orga­nisch gedei­hen. Fami­lie und Dorf­le­ben müß­ten somit bewahrt wer­den, hieß es rich­ti­ger­wei­se, aber eben auch die neu­en Rea­li­tä­ten der Mas­sen­ge­sell­schaft igno­rie­rend. Das pos­tu­lier­te 1887 selbst Fer­di­nand Tön­nies, obwohl er schon das anbre­chen­de „Zeit­al­ter der Gesell­schaft“ erkann­te, in dem ande­re Geset­ze gel­ten. Ernst Jün­ger beschwor dann unter dem Ein­druck des Ers­ten Welt­krie­ges den „Kampf“ als gemein­schafts­stif­ten­de Kraft und Carl Schmitt erklär­te in der Wei­ma­rer Repu­blik „Öffent­lich­keit und Dis­kus­si­on“ zu einer „lee­ren und nich­ti­gen Formalität“.

Die Medi­en hat­ten sich aber längst als „vier­te Gewalt“ eta­bliert und die lob­by­is­mus­an­fäl­li­ge Zivil­ge­sell­schaft läßt sich ana­log dazu als „fünf­te Gewalt“ begrei­fen. Die­se Berei­che jahr­zehn­te­lang kampf­los dem Geg­ner zu über­las­sen, war ver­hee­rend. Doch bli­cken wir – wie von Gramsci gefor­dert – opti­mis­tisch nach vorn: Die Rech­te hat die­se Lek­ti­on verstanden!

Sie soll­te des­halb auch dar­auf ach­ten, die Feh­ler der lin­ken Hege­mo­ni­al­mäch­te nicht zu wie­der­ho­len. Frei­heit und Wohl­stand gehö­ren unbe­dingt zu unse­rer posi­ti­ven Visi­on von Deutsch­land! Die SPD besitzt zwar wei­ter bei­na­he ein kom­plet­tes Zei­tungs­mo­no­pol. Doch mit der Wäh­ler­zu­stim­mung geht es trotz der kul­tu­rel­len Hege­mo­nie genau­so steil berg­ab wie mit dem Wohl­stand und der Freiheit.

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