Verein Journalismus und Wissenschaft

Deutsche Autos: Krisenbranche Nummer eins

Wer hät­te das vor ein paar Jah­ren gedacht? Auto­land Deutsch­land im Kri­sen­mo­dus. Stel­len­ab­bau, Werk­schlie­ßun­gen, Zulie­fer­insol­ven­zen – die deut­sche Auto­mo­bil­in­dus­trie bie­tet aktu­ell kein gutes Bild, und es könn­te noch schlim­mer werden.

Für die knapp 800.000 direkt in der Bran­che Beschäf­tig­ten sind die Aus­sich­ten nicht unbe­dingt rosig. Wäre das Desas­ter ledig­lich mono­kau­sal ver­ur­sacht, wären ein­fa­che Lösun­gen viel­leicht erfolg­reich. Doch das Pro­blem ist viel­schich­tig und zu Tei­len auch selbst­ver­schul­det. Denn die von der Poli­tik – der Ampel-Koali­ti­on – for­cier­te Trans­for­ma­ti­on der Mobi­li­tät vom Ver­bren­ner hin zu elek­tro­mo­to­ri­schen Fahr­zeu­gen ist kra­chend gescheitert.

Aus den Mana­ger-Eta­gen der Auto­her­stel­ler war ange­sichts der diri­gis­ti­schen Markt­ein­grif­fe kaum Wider­spruch wahr­zu­neh­men. Wirk­lich auf­fäl­lig zuletzt ledig­lich Ex-Porsche­chef Wen­de­lin Wie­deking, der sich erfri­schend mit den Kom­pe­ten­zen der Ampel-Regie­rung aus­ein­an­der­setz­te: „Wir wer­den heu­te von Poli­ti­kern gelenkt, die im Prin­zip über kei­ner­lei wirk­li­che Berufs­er­fah­rung ver­fü­gen. […]  Wir wer­den gesteu­ert von Lai­en, die nichts gelernt und in ihrem Leben auch nichts zustan­de gebracht haben, außer in der Poli­tik ein gro­ßes Wort zu schwin­gen.“ Wor­te, die man von ande­ren Top-Mana­gern nicht hört, denn viel­fach wur­de auf die üppi­gen För­der­mit­tel­töp­fe und die mit Steu­er­geld finan­zier­ten Kauf­an­rei­ze für E‑Autos ver­traut. Da waren und sind dann auch die Boni sicher.

Den­noch haben sich füh­ren­de Her­stel­ler wie VW, Mer­ce­des-Benz, BMW sowie Daim­ler Trucks jetzt an die EU gewandt, um eine Locke­rung bei den CO2-Grenz­wer­ten zu for­dern. Denn das Geschäft mit E‑Autos stot­tert gewal­tig. Dem Her­stel­ler­ver­band Acea zufol­ge brach der Absatz im Ver­gleich zum August 2023 um 43,9 Pro­zent ein. Weil der Ver­kauf von Ver­bren­nern ange­sichts der Flot­ten­grenz­wer­te für die Auto­mo­bil­in­dus­trie durch die EU-Kom­mis­si­on ver­bun­den mit hohen Straf­zah­lun­gen öko­no­misch zuneh­mend sinn­los ist, müs­sen die völ­lig über­zo­ge­nen Vor­ga­ben abge­schafft werden.

Wei­te­re Pro­ble­me wer­den durch Über­re­gu­lie­run­gen – sprich Büro­kra­tie – und Ener­gie­prei­se, Finan­zie­rungs­kos­ten und Infla­ti­on her­vor­ge­ru­fen. Von allen Bran­chen steht der Auto­mo­ti­ve-Sek­tor durch Restruk­tu­rie­rungs- und Trans­for­ma­ti­ons­be­darf unter dem größ­ten Anpas­sungs­druck. Der Zulie­fe­rer­in­dus­trie mit ihren geschätz­ten zwei Mil­lio­nen Beschäf­tig­ten geht es kaum anders. Vor­bei die Zei­ten, als Material‑, Ener­gie- und Per­so­nal­kos­ten über Zusam­men­ar­beit mit den Pro­duk­ti­ons­fir­men und Preis­an­pas­sun­gen abge­mil­dert wer­den konnten.

Erschwe­rend kommt die Kon­kur­renz aus Asi­en hin­zu. Die aggres­siv auf den deutsch-euro­päi­schen Markt drän­gen­den chi­ne­si­schen E‑Autohersteller bau­en mit ihrer Pro­duk­ti­ons- und Absatz­po­li­tik den Mar­gen- und Preis­druck auf die Auto­mo­bil­bran­che wei­ter auf.

Der „Green Deal“ der EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en (CDU) ist dabei ein wei­te­rer öko-sozia­lis­ti­scher Plan­wirt­schafts­brems­klotz am Bein der deut­schen Indus­trie. So liegt die deut­sche Indus­trie­pro­duk­ti­on aktu­ell auf dem Niveau des Früh­jahrs 2010. Cyrus de la Rubia, Chef­öko­nom der Ham­bur­ger Com­mer­cial Bank, stellt fest: „Opti­mis­mus gehört der Ver­gan­gen­heit an. Die Indus­trie­un­ter­neh­men sind gera­de­zu in einer depres­si­ven Stim­mung.“ Und Fir­men­boss Mar­tin Her­ren­knecht, Grün­der und CEO der Her­ren­knecht AG, wird noch deut­li­cher: „Wir fah­ren wirk­lich an die Wand, ste­hen an der Reling und schau­en noch mit leuch­ten­den Augen in die Zukunft, deren Kli­ma wir für den Rest der Welt qua­si im Allein­gang ret­ten wol­len. Als ob das klei­ne Deutsch­land das könnte.“

Die Poli­tik muss nun han­deln und ihre diri­gis­ti­schen Ein­grif­fe kom­plett zurück­fah­ren: Die CO2-Abga­ben soll­ten aus­ge­setzt, syn­the­ti­sche Kraft­stof­fe als CO2-neu­tral aner­kannt und recht­li­che Rah­men­be­din­gun­gen für die Auto­pro­duk­ti­on lang­fris­tig sta­bil gestal­tet wer­den. Dadurch könn­ten Ver­brenn­erfahr­zeu­ge mit Elek­tro­au­tos gleich­ge­stellt wer­den, was die Absatz­kri­se und die dro­hen­de Kata­stro­phe auf dem Arbeits­markt in Deutsch­land viel­leicht noch abwen­den könnte.

Über den Autor: Dr. Dirk Spa­ni­el ist seit 2017 Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ter der AfD und ver­kehrs­po­li­ti­scher Spre­cher sei­ner Frak­ti­on. Er ist Obmann im Ver­kehrs­aus­schuss des Bun­des­tags. Nach dem Abitur stu­dier­te Spa­ni­el Che­mie­in­ge­nieur­we­sen und Maschi­nen­bau, pro­mo­vier­te 2003 und arbei­te­te zuletzt in der Auto­mo­bil­ent­wick­lung. Spa­ni­el lebt mit sei­ner Fami­lie in Stutt­gart und Berlin.

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