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Deutschland AG ade!

Die drei größ­ten Ver­mö­gens­ver­wal­ter der Welt – Black­Rock, Van­guard und Sta­te Street – küm­mern sich um ca. 15 Bil­lio­nen US-Dol­lar. Mit die­sem Geld haben sie es geschafft, bei fast allen gro­ßen Kon­zer­nen als Anteils­eig­ner mitzumischen.

Zudem dürf­ten sie wesent­li­chen Ein­fluß auf die Poli­tik neh­men. Allein bei Black­Rock in den USA arbei­ten 84 ehe­ma­li­ge Regie­rungs­be­am­te. In Deutsch­land ist Fried­rich Merz das pro­mi­nen­tes­te Bei­spiel für den Drehtüreffekt.

Der Jour­na­list Jens Ber­ger fragt des­halb voll­kom­men zu Recht: Wer schützt die Welt vor den Finanz­kon­zer­nen? Um dies zu beant­wor­ten, seziert er auch den Unter­schied zwi­schen der „Deutsch­land AG“ und ame­ri­ka­ni­schen Inves­to­ren. „Die Idee, einen Groß­kon­zern so zu füh­ren, dass dabei für die Aktio­nä­re die größt­mög­li­che Ren­di­te her­aus­springt, war zu Zei­ten der Deutsch­land AG gänz­lich unbe­kannt, wenn nicht sogar ver­pönt. Die unter­neh­me­ri­sche Prio­ri­tät der gro­ßen Akti­en­ge­sell­schaf­ten galt damals dem Wachs­tum – sei es orga­nisch, also aus eige­ner Kraft her­aus, oder durch den Zukauf von ande­ren Unter­neh­men und Unternehmensbeteiligungen.“

Das sicher­te lang­fris­tig die Sta­bi­li­tät der deut­schen Volks­wirt­schaft. Inzwi­schen haben sich die Macht­ver­hält­nis­se jedoch ver­scho­ben. „Zwei­mal im Jahr müs­sen die Vor­stands­vor­sit­zen­den der Dax-Unter­neh­men – oder zumin­dest deren Finanz­chefs – zum Rap­port nach New York flie­gen, und zwei wei­te­re Male wird deren Erschei­nen bei Black­Rock in Edin­burgh erwar­tet“, berich­tet Berger.

Obwohl er es ver­mut­lich aus poli­ti­scher Kor­rekt­heit so nicht schreibt, ver­mit­telt er unter­schwel­lig die Befürch­tung, dass die mul­ti­na­tio­na­len Finanz­kon­zer­ne ihrer Ver­ant­wor­tung nicht gerecht wer­den, weil sie kei­ne natio­na­le Ver­bun­den­heit ken­nen. Außer­dem käme durch den hori­zon­ta­len Akti­en­be­sitz über meh­re­re Bran­chen hin­weg der freie Wett­be­werb unter die Räder.

Da die größ­ten Finanz­kon­zer­ne der Welt fast aus­schließ­lich in den USA behei­ma­tet sind, geht Ber­ger dann sogar noch einen Schritt wei­ter und warnt vor einer „finan­zi­el­len Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fe“. Er emp­fiehlt daher, die Ver­mö­gens­ver­wal­ter als „sys­tem­re­le­vant“ ein­zu­stu­fen und sie damit stren­ger zu regu­lie­ren. Unter ande­rem for­dert er von ihnen, „Rück­la­gen zu bil­den, um im Fal­le eines Crashs die Ver­mö­gens­wer­te der Spa­rer abzu­si­chern“. Nur so lie­ße sich die pri­va­te Alters­vor­sor­ge wet­ter­fest machen.

Die­ser Ein­wand könn­te für die Ren­ten­de­bat­te in Deutsch­land noch ent­schei­dend wer­den: Denn wer die gesetz­li­che Ren­ten­ver­si­che­rung ablehnt oder durch eine „Akti­en­ren­te“ ergän­zen will, soll­te zumin­dest einen Weg auf­zei­gen, wie die durch immer stär­ke­re Glo­ba­li­sie­rung ent­ste­hen­den, zusätz­li­chen Risi­ken ein­ge­dämmt wer­den können.

Zuerst erschie­nen in: Recher­che D, Heft 9

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