US-Präsident Donald Trump hat der Europäischen Union auf Twitter vorgeschlagen, auf beiden Seiten des Atlantiks sämtliche Zölle, Handelsbarrieren und Subventionen abzuschaffen. Man sollte ihn darauf festnageln. Doch das Problem in diesem Handelsstreit ist überhaupt nicht Trumps vollkommen legitime Interessenpolitik, sondern die ökonomischen Dogmen der EU.
In Recherche D, Heft 2, das gerade erschienen ist, haben wir im Titelthema »Protektionismus« herausgearbeitet, daß der Ausgang des Handelsstreits zwischen Europa und den USA gänzlich ungewiß ist. Mittelfristig ist auch eine Stärkung des Freihandels denkbar, da ein kompletter Verzicht auf Zölle bereits von mehreren Seiten ins Spiel gebracht wurde, z.B. von der deutschen Autoindustrie, die dem offen gegenübersteht.
Wenn Trump jetzt in aller Öffentlichkeit genau dieses Szenario vorschlägt, sollte man ihn sofort beim Wort nehmen. Denn: Hochentwickelte Volkswirtschaften brauchen keine Abschirmung. Wer an der Spitze des Weltmarktes steht, profitiert von freiem, kostengünstigen Handel. Friedrich List, den wir in unserem neuen Heft portraitieren, sah im Protektionismus immer nur eine Strategie zum Schutz junger Industrien. Das hat weiterhin Gültigkeit. Sowohl Trump als auch die europäischen Staaten haben diesen Grundsatz jedoch keineswegs verinnerlicht.
The European Union is coming to Washington tomorrow to negotiate a deal on Trade. I have an idea for them. Both the U.S. and the E.U. drop all Tariffs, Barriers and Subsidies! That would finally be called Free Market and Fair Trade! Hope they do it, we are ready – but they won’t!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 25. Juli 2018
In Europa hat sich vielmehr ein Begünstigungssystem für Großkonzerne zulasten des Mittelstandes durchgesetzt. Bis 2050 dürfte so die Energiebranche allein in Deutschland im hohen dreistelligen Milliardenbereich subventioniert werden. Insgesamt könnten sich die Kosten für die planwirtschaftliche Energiewende auf zwei bis drei Billionen Euro belaufen.
Laut dem Subventionsbericht des Instituts für Weltwirtschaft Kiel (IfW) gab der Bund im Jahr 2017 zudem rund 118 Milliarden Euro für direkte Zuwendungen an Unternehmen, Steuervergünstigungen und weitere Einnahmenverzichte aus. Dieses Geld landet hauptsächlich bei Großunternehmen.
Diese Umverteilung nach oben ist eine enorme Belastung für den normalen Arbeitnehmer und kleinere Unternehmen. Die Subventionen gehören deshalb tatsächlich abgeschafft, aber Deutschland und Europa müßten dazu ihr Wirtschaftssystem revolutionieren. Dazu besteht bei den Altparteien keinerlei Bereitschaft und Trump weiß das natürlich, sonst hätte er sich vermutlich nicht so weit vorgewagt.
Wie eingefahren der Diskurs ist und wie sehr die alten Eliten ihr unberechtigtes Überlegenheitsgefühl zur Schau stellen, zeigt eine aktuelle Überschrift im Handelsblatt. Dort heißt es: »Trump provoziert mit Tweet zum Verzicht auf Zölle die EU.« Warum provozierte er? Er hat einen fairen, sachlichen Vorschlag unterbreitet, zu dem er von niemandem genötigt wurde.
Wer endlich einmal in die Gänge kommen muß, ist daher Europa. Wir müssen weg vom »neoliberalen« Paradigma, das Colin Crouch zufolge auf ein enges Bündnis von Staaten und Konzernen setzt und keineswegs, wie von links suggeriert, einer Privatisierungsideologie gehorcht. Schaffen wir diesen Umbruch vom mit Geldsozialismus finanzierten »Neoliberalismus« zu einem freiheitlichen, dezentralen, kleinteiligen und subventionsfreien Wirtschaftssystem, ist dies sowohl für unsere kleine, begrenzte Welt vor Ort gut als auch für das weitestgehend störungsfreie Funktionieren der Weltwirtschaft.