Der VW-Vorstandsvorsitzende geht Ende August. Man trenne sich „im gegenseitigen Einvernehmen“, wie es in der offiziellen Mitteilung heißt. Die Worthülse deutet grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen der übrigen Konzernführung und dem Manager an. Und weist auf den goldenen Handschlag hin, den Herbert Diess trotz etlicher Fehlleistungen an der Konzernspitze erhält.
Sein Führungsstil war wohl unterirdisch. Kontrollwahn, Überheblichkeit, Machtverliebtheit und soziale Inkompatibilität – all das vereinte Diess anscheinend in einer Person. Businessinsider schreibt: „In größeren Runden habe er demnach die hochbezahlten VW-Leute attackiert und vorgeführt. Der Unmut sei zuletzt massiv gewachsen. Diess habe in seinem Umfeld zudem kein Korrektiv gehabt, das ihn eingebremst habe.“ Die Wirtschaftspresse berichtete Interna aus Aufsichtsratskreisen. Demnach habe Diess eine „eklatante Führungsschwäche“, einen Mangel an diplomatischem Geschick und sei ein „Egozentriker“. Der „Ankündigungsweltmeister“ gebe zwar gern „große Interviews“, liefere aber nicht.
Dazu kam die Tatsache, dass er sich bezüglich der Volkswagen-Konzernstrategie völlig grün-ideologisch verbohrt und borniert zeigte. Ein unbestreitbares Faktum, denn damit ging der Top-Manager gerne hausieren. Viele fragten sich, was sich der Österreicher aus der Steiermark davon erhofft haben mag. Und viele fragten sich, was überhaupt diejenigen Autoindustrie-Manager dazu bewegt, dem Verbrenner den Kampf anzusagen. Ist es tatsächlich das Spekulieren auf Fördermittel aus Steuertöpfen, die vermeintliche breite Akzeptanz in der „woken“ Presse, das einkalkulierte „Irgendwann-über-Bord-Werfen“ der „Electricity-only“-Strategie?
Wie auch immer, für die grüne Sache war Diess nicht zu bremsen. Dabei vergeigte er nach Strich und Faden das für VW so wichtige China-Geschäft. „Neunzig Prozent des chinesischen Marktes liegen unterhalb der 2‑Liter-Klasse. VW hatte dort fast ein Drittel Anteil und war Marktführer. War – die Zeiten sind offenbar vorbei, der VW-Marktanteil ist von über 20 v.H. auf 12 v.H. abgerutscht“, schreibt der ehemalige Chefvolkswirt der BMW AG und Vorsitzende der Vereinigung Deutscher Business Economists (VDBE), Helmut Becker.
Die für Ingenieurswissenschaft als Tugend ausgelobte Technologieoffenheit war dem 63-jährigen Steirer jedenfalls bezüglich der Verbrenner-Technologie und auch bezüglich von Wasserstoff und Wasserstoff-Derivaten als Öko-Sprit bzw. e‑Fuels völlig fremd. „Die schlimmste Sünde, die eine so exponierte Führungspersönlichkeit der Autoindustrie wie Herbert Diess seinem Unternehmen, der nationalen wie europäischen Automobilindustrie sowie der gesamten Volkswirtschaft antun kann“, so Becker, „ist die völlig einseitige technische Fokussierung des Verbrenner-Giganten Volkswagen auf eine völlige fremde Antriebstechnik, den Elektroantrieb. Und zwar nicht nur im hochpreisigen Nobelsegment, sondern auch im Brot-und-Butter-Golf-Segment des VW-Konzerns.“
Wahrscheinlich war es diese Hardcore-Öko-Mission, die Diess zusammen mit seinem Führungsstil das verdiente „Aus“ brachte. Die deutsche Automobilindustrie hat allenfalls einen Selbstdarsteller mit einem devoten Grünen-Komplex verloren, mehr nicht. Der designierte VW-Chef Oliver Blume, der von Porsche Stuttgart-Zuffenhausen nach Wolfsburg wechselt, ist anders beleumundet. Er gilt als Entscheider, als technologieoffen, als jemand, der zuhören kann und als moderater Leader. Blumes bisherige Entscheidungen zeigen jedenfalls, dass angesichts der völlig irrsinnigen „Battery-Electric-Vehicle-only“-Strategie und einer ideologisierten Wirtschaftspolitik noch Hoffnung für die deutsche Industrie besteht.
(von: Dirk Spaniel, AfD-Bundestagsabgeordneter, Obmann im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur)
Bild: Herbert Diess, von: Alexander Migl, CC BY-SA 4.0