Befürworter einer wirtschaftlich starken Union der Europäer sehen in den restriktiven Forderungen des Green Deals an mögliche Handelspartner Stolpersteine für freien Handel und wirtschaftliche Entwicklung.
Im Rahmen einer Anhörung zur „Reform der internationalen Investitionspolitik und des Investitionsschutzes“ wurde auch Luisa Santos, Direktorin für internationale Beziehungen bei BusinessEurope, einer Lobbygruppe, die Unternehmen aller Größen in der Europäischen Union und sechs europäischen Nicht-EU-Ländern vertritt, gehört.
Die Portugiesin musste einräumen, dass der Nachhaltigkeitsindex für bestimmte Industriezweige und Handelspartner der EU nicht zu restriktiv sein sollte, weil Europa als Investitionsplatz so nicht mehr interessant sei. Auf die Frage, wie nachhaltige Lieferketten in nachhaltige Produktionsprozesse zu integrieren seien, konnte die Expertin nicht befriedigend antworten. „Wir sind nicht allein auf der Welt,“ meinte die Südeuropäerin und damit wohl auch, dass Europa nicht das Maß aller Dinge sei. Ein global effizientes Investitionsschutzsystem für Europäer oder – vice versa – für Investoren in Europa konnte bis dato nicht umgesetzt werden.
Markus Buchheit, Mitglied des Europaparlaments und der Fraktion „Identität & Demokratie“ äußerte in der Anhörung des „Ausschuss für Internationalen Handel“ (INTA) große Besorgnis bezüglich der Corona-Krise, „die wir in den letzten Monaten durchlebt haben. Sie ist für mich auch ein möglicher Katalysator des Abbaus unserer Bedeutung in unserer Welt.“ Der stellvertretende Leiter der AfD im EU-Parlament stellte fest, dass in Handelsverträge immer mehr Forderungen durch die EU eingebaut würden, die von Wettbewerbern wie China in diesen Handelsabkommen, viel weniger stringent gestellt werden würden. Die absehbare Folge: Handelsabkommen schließe man lieber mit China ab, als mit den Europäern. Die hohen Auflagen und ergänzenden Forderungen an potenzielle Handelspartner würden ein massives Problem darstellen.
Die Abgeordnete der Grünen, Anna Cavazzini, forderte dagegen, die Akzeptanz von EU-Investitionsabkommen zu fördern, statt etliche tausend Einzelverträge der Mitgliedstaaten zuzulassen. Sie sprach sich somit unverblümt für eine zentralistisch geführte Handelspolitik unter Green Deal-Maßgaben aus und konnte die Bedenken Buchheits offenkundig nicht teilen. Anders dagegen ID-Fraktionskollege, Hervé Juvin.
Er forderte eine gewisse Autonomie bezüglich des Handels der Mitgliedsstaaten und sprach sich für eine ganz gezielte Mittelstandsförderung aus, die das Geflecht der kleinen Unternehmen im jeweils eigenen Land erhalten solle. Der französische Sozialist Emmanuel Maurel meinte, die EU solle sich von Amerika und seiner Handelspolitik inspirieren lassen: Der europäische Binnenmarkt und innereuropäische Ausschreibungen hätten in Handels- und anderen Wirtschaftsabkommen Vorrang zu genießen.
Alles in allem hat die Anhörung des Experten-Panels vor dem „Ausschuss für Internationalen Handel“ allerdings wenig Erhellendes bezüglich der europäischen Investitionspolitik gebracht. Offenkundig gibt es kein funktionierendes Industrial Control System (ICS), wenige Instrumente, die Rechtssicherheiten und Schutz für Investitionen weltweit oder auch in Europa böten. Das gaben auch Draghi-Zögling Carlo Pettinato, Leiter des Referats Investitionen und geistiges Eigentum bei der Europäischen Kommission in der General Direktion Handel, und Nathalie Bernasconi-Osterwalder, Geschäftsführender Direktor, International Institute for Sustainable Development (IISD Europa) unumwunden zu.
Die Erkenntnis, dass es in Europa dramatisch gesunkene Investitionen durch zu hohe Umweltauflagen gäbe, scheint zu spät zu kommen. Auch die Einsicht, dass andere – vor allem China – das Rennen in Indien und Afrika machen, wenn es um lukrative Handelsvereinbarungen geht. Die ökologische Doktrin einer Weltrettungsmission durch die Europäer gefährdet schon jetzt die wirtschaftliche Prosperität Europas in beängstigender Form.