Wegen seines Steuersystems fällt Deutschland im internationalen Wettbewerb weit zurück. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Kronberger Kreises, des wissenschaftlichen Beirates der Stiftung Marktwirtschaft, dem u.a. auch ifo-Chef Clemens Fuest angehört.
Deutschland werde ab dem Jahr 2022 die höchste unternehmerische Steuerbelastung unter den führenden Industrienationen und in Europa haben, warnen die Autoren. Schuld daran sei die Passivität und Reformmüdigkeit der Bundesregierung. Sie nehme den international verschärften Steuerwettbewerb tatenlos hin und verenge ihre Strategie einseitig auf internationale Koordination, ohne den eigenen Standort unter veränderten Bedingungen optimal zu positionieren.
Während alle anderen Mitglieder der G7-Gruppe in den vergangenen Jahren umfangreiche unternehmensentlastende Steuerreformen umgesetzt haben, herrsche bei der deutschen Steuerpolitik seit 2008 praktisch Stillstand, kritisieren die Autoren. Mit einem Unternehmenssteuersatz von ca. 30 Prozent liegt die Bundesrepublik schon heute nur noch knapp hinter dem traditionellen Hochsteuerland Frankreich. Dort sind aber wie in den USA und Großbritannien Entlastungen geplant, so daß Deutschland der »Spitzenplatz« des teuersten Standortes in Aussicht steht.
Hinzu komme noch die überbordende deutsche Bürokratie, die Unternehmen belaste und Investoren abschrecke. Dies gefährde die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland um Investitionen und Ansiedlungen – und damit eine wichtige Voraussetzung für wirtschaftlichen Wohlstand, schreiben die Autoren.
Auch die erfolgreiche Gestaltung gesellschaftlich-politischer Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Demographie hinge in starkem Maße vom Gesundheitszustand der privaten Wirtschaft ab. Eine starke Unternehmensbesteuerung habe hingegen eine negative Wachstumswirkung, behindere Investitions- und Innovationsfreudigkeit und werde ohnehin etwa zur Hälfte auf die Beschäftigten abgewälzt – was insbesondere Geringverdiener betreffe.
Die Studienautoren fordern, daß Steuerpolitik wieder als Instrument genutzt wird, um die Attraktivität Deutschlands zu sichern. Die Steuerbelastung auf Unternehmensgewinne solle auf 25 Prozent – analog zu Frankreich – gesenkt werden. Dies könne etwa durch eine Senkung der Körperschaftssteuer auf zehn Prozent erreicht werden. Ebenfalls könne eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags Entlastung bringen.
Weiterhin fordern die Autoren eine steuerliche Forschungsförderung und eine Patentbox, um die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft anzukurbeln. Denn auch bei staatlichen Steueranreizen für Forschungs- und Entwicklungsprojekte in Unternehmen rangiert Deutschland im internationalen Vergleich auf den hinteren Plätzen.
Der verschiedentlich geäußerte Einwand, Deutschland solle den internationalen Steuerwettbewerb nicht weiter anheizen, ist nicht überzeugend. Internationaler Steuerwettbewerb findet unabhängig davon statt, ob Deutschland seine Steuern senkt oder nicht. Verhindern kann Deutschland diesen Steuerwettbewerb nicht, aber es besteht sehr wohl die Gefahr, dass Deutschland zurückfällt und am Ende im Standortwettbewerb als Verlierer dasteht. (hier, S. 57)
(Bild: SPD-Bundesfinanzminister Olaf Scholz, Pixabay)