
Kollabiert die Wirtschaft, wenn die AfD gewinnt?
Die AfD hat bei den EU- und Kommunalwahlen vor allem im Osten massiv zugelegt. In Sachsen und Brandenburg ist sie sogar stärkste Kraft. Kaum sind alle Stimmen ausgezählt, wiederholt sich ein eingespieltes Ritual: Globalistische Ökonomen und gewerkschaftsnahe Institute warnen vor einer starken AfD und angeblich negativen Folgen für die Wirtschaft.
So etwa Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), oder der Chef der Hamburger Berenberg Bank, Holger Schmieding. Die Wahlergebnisse seien „beängstigend“, „die mangelnde Weltoffenheit“ könne die wirtschaftliche Angleichung von Ost und West verzögern, teilte Schmieding dem Handelsblatt mit.
Rückdeckung gibt es wie gewohnt von linken Soziologen. Der „Rechtspopulismusforscher“ Matthias Quent vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft empfiehlt ostdeutschen Unternehmen laut Handelsblatt „im eigenen Interesse Position [zu] beziehen“ – gegen die AfD natürlich.
Substanzloser Alarmismus
Nebulöse Wendungen wie eine angeblich „mangelnde Weltoffenheit“ suggerieren, daß mit der AfD grenzüberschreitender Handel eingeschränkt würde. Eine funktionsfähige Außengrenze sei eine Art „Abschottung“, die die Wirtschaft aus globalen Zusammenhängen herauslöse.
Dieser Alarmismus ist substanzlos und ein politisch kalkuliertes Schreckgespenst. Man kann die übertriebene, intransparente Globalisierung von Warenströmen kritisieren, ohne internationalen Handel grundsätzlich abzulehnen. Man kann globale Massenmigration ablehnen, ohne auf bedarfsorientierte Zuwanderung von Hochqualifizierten zu verzichten.
Die AfD würde an grenzüberschreitenden Waren‑, Dienstleistungs‑, Finanztransaktions- und Informationsströmen nichts ändern. Von „Abschottung“ oder „mangelnder Weltoffenheit“ zu sprechen, ist unbegründet und rein taktisch motiviert.
Besonders heuchlerisch: Ökonomen wie Schmiedling sprechen großspurig von „Weltoffenheit“, sind aber offenbar unfähig Toleranz gegenüber anderen politischen Orientierungen aufzubringen sowie die in einer Demokratie normale Verschiebung von Kräfteverhältnissen hinzunehmen.
Der Alarmismus parteiischer Ökonomen wurde auch erst jüngst empirisch widerlegt. Lange hieß es: Patriotische Demonstrationen in Dresden würden dem Tourismus langfristig schaden. Bei einschlägigen Alarm-Ökonomen war vom „PEGIDA-Effekt“ die Rede. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Dresden und Sachsen verzeichneten im letzten Jahr erneut einen Rekord an Besuchern und Übernachtungen – während PEGIDA weiter spaziert.
Die regelmäßige Inszenierung von Drohkulissen durch Ökonomen und linke Sozialwissenschaftler zeigt, wie wichtig der Aufbau unabhängiger freiheitlich-patriotischer Wirtschaftsinstitute ist. Die patriotische Bewegung braucht eigene Denkfabriken für ökonomische Fragen, um unbegründete Schreckensszenarien zu entkräften und um eigene Konzepte jenseits von Globalismus und Massenmigration zu entwerfen. Deshalb wurde Recherche Dresden vor über einem Jahr gegründet.
(Bild: vfutscher, flickr, CC BY-NC 2.0)
Die Horrorprognosen für den Fall, daß die AfD erheblichen Einfluß auf die Politik erlangt, erinnern sehr an die gegen Großbritannien gerichtete Krisenpropaganda seitens führender EU-Politiker und ihrer Medien, die schon im Vorfeld der Brexit-Volksabstimmung einsetzte. Man mag wohl vermuten, daß da in beiden Fällen böswillige Wünsche der Gedanken Väter sind. Es ist gewiß nichts dagegen zu sagen, wenn Forscher Unternehmen empfehlen, „im eigenen Interesse Position [zu] beziehen“. Was sein eigenes Interesse ist, wird aber doch wohl jeder Unternehmer selbst entscheiden, ohne sich dabei bevormunden zu lassen. Wo aber waren denn die Empfehlungen dieser Forscher an die Unternehmen und Lobbyverbände, im eigenen Interesse zum Brexit Position zu beziehen, nämlich daß die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Großbritannien und den anderen EU-Ländern – egal, ob es zum Brexit kommt oder nicht – so gut bleiben müssen wie bisher? Merkwürdigerweise waren Stimmen, die das geltend machten, selten – etwa mein Text „Brexit? Ja seid Ihr denn von Sinnen?“( https://deutscherarbeitgeberverband.de/Artikel.html?PR_ID=754) – und sie sind ohne Echo geblieben.
Es ist geradezu absurd, von der AfD zu behaupten, sie stehe für „Abschottung“ und „mangelnde Weltoffenheit“. Allerdings: Die AfD stellt als politische Partei eine Alternative zu der faktisch von allen etablierten Parteien in der Bundesrepublik bislang betriebenen undifferenzierten liberalistischen Politik der Globalisierung bzw. EU-Zentralisierung dar. Es ist kein Zufall, daß sie sich im Zusammenhang mit der Finanz- und Eurokrise im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts etablieren konnte. In nahezu allen hochentwickelten Industrieländern sind Gegenbewegungen gegen eine undifferenzierte Orientierung auf Globalisierung, Weltmarkt und Freihandel entstanden. Verlässt man die Attitüde des weltwirtschaftlichen Überfliegers, erweist sich, dass der Weltmarkt aus einer Vielzahl sehr unterschiedlicher Märkte besteht, aus Branchenmärkten, aus regionalen und nationalen Märkten, die sich unterschiedlich und teilweise gegensätzlich verhalten. Eine undifferenzierte Weltmarktorientierung, mehr noch ein EU-Zentralismus bringt für viele Marktteilnehmer, insbesondere für mittelständische und auf einen Regionalbereich orientierte und davon abhängige Unternehmen gravierende Nachteile mit sich, ebenso für einen nicht unerheblichen Teil der abhängig Beschäftigten. Weltoffenheit erfordert ein differenziertes Herangehen an die Globalisierungstendenzen und das hat nichts mit Abschottung zu tun.
Die Parteien, die etwa in den vergangenen zwanzig Jahren die Bundesregierung stellten – CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne – versichern zwar immer, sie würden sich auch um die mittelständischen und Familienunternehmen kümmern. Mit ihrer Wirtschafts- und Währungspolitik, der Euro-Rettungspolitik, der Politik in der Wirtschafts- und Finanzkrise haben sie aber genau das Gegenteil getan, nämlich die Interessen des Mittelstandes und der abhängig Beschäftigten ignoriert. Der Präsident des Verbandes der Familienunternehmer (u. a. Miele, Trumpf, Dr. Oetker), Reinhold von Eben-Worlée, kritisierte in der BILD-Zeitung die Bundesregierung: „Leider scheint es so, als würde sich die Regierung aber erst wieder um die Unternehmen kümmern, wenn die Wirtschaft abschmiert.“ (https://www.bild.de/politik/inland/familienunternehmen/die-regierung-kuemmert-sich-erst-um-uns-wenn-die-wirtschaft-abschmiert-56482386.bild.html) Selbst der im August 2018 vorgelegte Mittelschichtsbericht der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung wirft der Politik vor, jahrelang den Mittelstand vernachlässigt zu haben.
In der AfD sammelt sich mittelständisches Bürgertum und macht seine spezifischen Interessen geltend, was auch an der Repräsentanz durch die AfD-Funktionäre deutlich erkennbar ist. Hinzu kommt – wie die Wahlanalysen belegen – vor allem eine qualifizierte Arbeiterschaft, die in den letzten 20 Jahren faktisch keine Realeinkommenssteigerung hatte, die oft im Niedrigstlohnsektor arbeitet, als Dauerleiharbeiter oder in anhaltend befristeten Jobs, die sich durch eine völlig verfehlte „Grenzöffnung“ bedroht sieht und tatsächlich bedroht ist. Siehe dazu meinen Aufsatz „Die sozialökonomischen Quellen der AfD“ in Journalistenwatch vom 16.09.2018 (https://www.journalistenwatch.com/2018/09/16/die-quellen-afd/#_edn3) mit Bitte um Entschuldigung: Durch die Archivierung hat sich die Textformatierung unvorteilhaft geändert. Der Text ist aber gut lesbar.