Verein Journalismus und Wissenschaft

Woran die Energiewende scheitern wird

Eine aktu­el­le Stu­die der Bank of Ame­ri­ca ver­brei­tet Opti­mis­mus hin­sicht­lich der »Ener­gie­wen­de«. Spei­cher­tech­no­lo­gien sol­len künf­tig bis zu 50 Pro­zent güns­ti­ger wer­den. Die Autoren pro­gnos­ti­zie­ren einen Anstieg des Markt­vo­lu­mens auf 27 Mil­li­ar­den Dol­lar und einen Boom der Elek­tro­au­to-Indus­trie. Der Umstieg auf nicht­fos­si­le Ener­gie­trä­ger ste­he vor einem Durchbruch.

Die »zwei­te gro­ße Pha­se der Ener­gie­wen­de« soll dabei durch erschwing­li­che­re Lithi­um-Ionen-Bat­te­rien ein­ge­läu­tet wer­den. Auch neu­ar­ti­ge Power-To-X-Tech­no­lo­gien, bei denen Strom in kon­ser­vier- und abruf­ba­re Ener­gie­for­men – wie z.B. Gas – gewan­delt wird, sol­len eine grö­ße­re Rol­le spie­len. Lag der Preis pro Kilo­watt­stun­de im Jahr 2018 noch bei 500 Dol­lar, sol­len es im Jahr 2025 unter 250 Dol­lar sein, glau­ben die Autoren.

Doch der Preis ist nicht das größ­te Pro­blem: Bei der Umwand­lung gehen zwei Drit­tel der ursprüng­li­chen Ener­gie ver­lo­ren. Phy­si­ker wie Gerd Gan­te­för von der Uni­ver­si­tät Kon­stanz gehen davon aus, daß es noch Jahr­zehn­te dau­ern wird, bis die Effi­zi­enz aus­rei­chend ist.

Und was bedeu­tet feh­len­de Effi­zi­enz? Es wer­den dadurch noch mehr Wind­kraft­an­la­gen gebraucht. Doch wo sol­len die­se gebaut wer­den? »Um die Hälf­te der heu­te benö­tig­ten Pri­mär­ener­gie mit Wind­kraft zu erzeu­gen, wer­den rund eine hal­be Mil­li­on Wind­rä­der benö­tigt«, rech­net Gan­te­för vor. Bei einem Abstand von zehn Rotor­durch­mes­sern wür­den damit zwei Drit­tel der bebau­ba­ren Flä­che Deutsch­lands ein­ge­deckt. Das hie­ße, daß Deutsch­land in eine »künst­li­che Ener­gie­er­zeu­gungs­land­schaft« umge­baut wer­den müß­te, warnt Gan­te­för in Wir dre­hen am Kli­ma.

Außer­dem ist zu hin­ter­fra­gen, wie »grün« die ange­prie­se­nen Spei­cher­tech­no­lo­gien wirk­lich sind? So wer­den beim Lithi­um­ab­bau enor­me Was­ser­men­gen benö­tigt. Etwa zwei Mil­lio­nen Liter pro Ton­ne wer­den aus dem Grund­was­ser abge­pumpt – in Regio­nen mit ohne­hin tro­cke­nen Böden, wie den Anden. Auch die im Kon­go mit Hun­ger­löh­nen und Kin­der­ar­beit betrie­be­nen Kobalt­mi­nen wer­fen kein gutes Licht auf die schein­bar »sau­be­ren« Tech­no­lo­gien. Für eine E‑Au­to-Bat­te­rie müs­sen 10 bis 15 Kilo des sel­te­nen Roh­stof­fes aus der Erde gegra­ben wer­den; ver­bun­den mit gro­ßen Stra­pa­zen für Mensch und Natur.

Wel­che öko­lo­gi­schen, sozia­len und ent­wick­lungs­per­spek­ti­vi­schen Fol­gen hät­te vor die­sem Hin­ter­grund ein wei­te­rer E‑Mo­bil-Boom? Die­se Fra­ge scheint vor lau­ter Opti­mis­mus unter den Tisch gefal­len zu sein.

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