Verein Journalismus und Wissenschaft

Wagenknechts »Aufstehen« und der Aufbruch im Kleinen

Sahra Wagen­knecht hat heu­te offi­zi­ell ihre lin­ke Samm­lungs­be­we­gung »Auf­ste­hen« gestar­tet. Wohin die Rei­se geht, ist noch wei­test­ge­hend unklar. Wohin sie gehen soll­te, hat dage­gen Wolf­gang Stre­eck in der ZEIT sehr gut beschrieben.

Er for­dert die Lin­ke dazu auf, sich von der Illu­si­on offe­ner Gren­zen und eines hand­lungs­fä­hi­gen Euro­pa, das Wirt­schafts- und Sozi­al­po­li­tik betreibt, zu befrei­en. Viel­mehr gehö­re eine neue, demo­kra­ti­sche Regio­nal­po­li­tik in den Fokus der eige­nen Über­le­gun­gen. Da kön­nen wir voll und ganz zustimmen.

Stre­eck schreibt:

Wenn Men­schen das Gefühl haben, von kol­lek­ti­ver Mit­spra­che über ihre Lebens­wei­se und die ihrer Kin­der aus­ge­schlos­sen zu sein – zuguns­ten von »Markt­kräf­ten«, inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen, tech­no­kra­ti­schen Bes­ser­wis­sern, gut­mensch­li­chen Bes­ser­tu­ern, Gip­fel­kon­fe­ren­zen, Groß­un­ter­neh­men, Gerichts­hö­fen, die sämt­lich pas­si­ven Gehor­sam für ihre von »oben« nach »unten« durch­ge­reich­ten Ent­schei­dun­gen ver­lan­gen –, dann bekom­men sie Angst und rebel­lie­ren, nicht nur in Deutschland.

Für die patrio­ti­sche Oppo­si­ti­on, der wir uns zuge­hö­rig füh­len, bedeu­tet dies:

  1. Statt anony­me Umver­tei­lung zu betrei­ben bzw. zu befür­wor­ten, muß der sozia­le Zusam­men­halt vor Ort ganz per­sön­lich erleb­bar gestärkt wer­den. Dafür müs­sen wir kon­kre­te Kon­zep­te ent­wi­ckeln. Des­halb gibt es Recher­che Dresden.
  2. Soll­te sich eine lin­ke Bewe­gung ent­wi­ckeln, die den loka­len Raum wie­der­ent­de­cken will statt alles an die Euro­päi­sche Uni­on zu dele­gie­ren, so ist dies eine ernst­haf­te Kon­kur­renz für die AfD. Zum jet­zi­gen Zeit­punkt ist aber unklar, ob »Auf­ste­hen« dazu in der Lage ist. Die patrio­ti­sche Oppo­si­ti­on muß gera­de in den Neu­en Bun­des­län­dern die eige­ne, star­ke Ver­an­ke­rung in den Kom­mu­nen nut­zen, um den Pro­test »gegen die da oben« zu sam­meln und kon­struk­tiv etwas aus ihm zu machen. Recher­che Dres­den will die­sen Pro­zeß unter­stüt­zen, indem wir öko­no­misch mach­ba­re Alter­na­ti­ven auf­zei­gen. Ers­tes Stich­wort: Nach­bar­schaft­li­che Markt­wirt­schaft. Zwei­tes Stich­wort: Agi­le Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung (dazu Nähe­res im Auf­satz »Mehr Mit­te­al­ter wagen!«, Recher­che D, Heft 2).
  3. Es ist zu bezwei­feln, daß es der staats­gläu­bi­gen Lin­ken gelingt, auf eine frei­heit­li­che Regio­nal­po­li­tik umzu­schwen­ken. Ent­we­der gibt es jedoch die­se frei­heit­li­che Regio­nal­po­li­tik oder gar kei­ne, denn: Vor Ort zählt das, was der Ein­zel­ne und klei­ne Gemein­schaf­ten anpa­cken. Staat­li­che Büro­kra­tie ist dabei das größ­te Hin­der­nis und mit Ver­ord­nun­gen ist kein Fort­schritt zu erzie­len. Was wir brau­chen, ist mehr Eigen­in­itia­ti­ve, mehr unter­neh­me­ri­scher Mut und mehr Selb­stän­dig­keit! Genau das hat die Lin­ke bis­her tor­pe­diert. Recher­che Dres­den glaubt, daß die­se Eigen­in­itia­ti­ve nur ent­steht, wenn sie mit einer loka­len, regio­na­len bzw. patrio­ti­schen Iden­ti­fi­ka­ti­on kor­re­spon­diert. Wer sich dage­gen nur um sich selbst küm­mern möch­te, wird sich in anony­men Groß­or­ga­ni­sa­tio­nen anbie­dern – egal, ob sie Staat, Goog­le oder Sie­mens heißen.

(Bild: Sahra Wagen­knecht, DIE LINKE Nord­rhein-West­fa­len, flickr, CC BY-SA 2.0)

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